Kritik am PWH und Beispiele einer Entsolidarisierung in linken Strukturen

Seit einiger Zeit beobachten wir die Entwicklung des Peter-Weiss-Haus in Rostock, welches sich mehr und mehr in ein für uns höchst fragwürdiges Projekt im Sinne eines emanzipatorisch politischen Anspruches entwickelt und damit für uns ein Beispiel der schleichenden Entsolidarisierung in linken Strukturen darstellt.

 
                                   
Zum einen kritisieren wir die unsolidarische Gewinnmaximierungspolitik des Peter-Weiss-Haus. Wir begrüßen den ausschließlich veganen Mittags- und Abendtisch des Hauses, im Gegensatz dazu ist es für uns unhaltbar, dass im Freigarten tote Tiere konsumiert werden und damit Leid und Ausbeutung zur kapitalistischen Gewinnoptimierung verwertet werden. Uns kommt jedes mal die Kotze sowie auch Tränen hoch, wenn wir den Freigarten betreten und dieser nach verkohltem Fleisch stinkt. Leider jedoch können sich viele die Alternative des veganen Mittags- und Abendangebot aufgrund der teuren Preispolitik nicht leisten. Finanzlöcher durch Entsolidarisierung mit linksradikalen Gruppen und Individuen stopfen zu wollen, wie es auch durch z.B. geforderte Raummieten umgesetzt wird, welche sich -oftmals autonome- Gruppen ebenso nicht leisten können und höchstens nach Offenlegung der Gruppe eine Raumnutzung gestattet wird, sehen wir als fatale Entscheidung an. So mussten wir auch feststellen, dass das PWH Gruppen, die dort Veranstaltungen machen wollten, absagt bzw. ihnen nicht gestattet mit ihrem Namen/Logo zu werben. Dies wird mit der Beobachtung durch Repressionsbehörden begründet. Für uns ist das nicht hinnehmbar – dies ist ein faktisches Verbot für Gruppen, die dem kapitalistischen Staat und seinen Strukturen entschlossen entgegenstehen, im PWH Veranstaltungen zu machen. Die Zielgruppe dieses Ortes sind scheinbar nicht mehr wir. Hierdurch entsolidarisiert sich das PWH mit aktiven Gruppen, aus Angst staatliche Förderung zu verlieren oder negative Presse zu kassieren. Eine Zusammenarbeit mit den staatlichen Strukturen und dem repressiven Gewaltmonopol ist dem PWH lieber, als emanzipatorische linksradikale Politik zu fahren oder eben zumindest zu supporten. Ebenfalls knickt das PWH damit vor AFD und anderen rechts- bis konservativen Bewegungen ein und spielt ihnen mehr noch in die Hände, denn eben diese Bewegungen fordern eine Distanzierung und ein Verbot von linken Gruppen.
   
Desweiteren zeigt sich das PWH neben seiner Finanzpolitik auch in der Veranstaltungsplanung und -ausführung als problematisch (17.3. Auftritt von frauen*feindlichen Mackern, 8.6. rassitisische „Indianer“-Party) und die Kritik darüber häuft sich – vorwiegend über Facebook und Emails, jedoch gab es bisher keine öffentliche Reaktion seitens des Hauses. Doch darüberhinaus: wer von uns will schon zu Veranstaltungen gehen, auf der – in repressionsstaatlicher Manier – Ausweiskontrollen an der Tür praktiziert werden? Diese Weise der Umsetzung von Hausverboten empfinden wir als Anmaßung bezüglich des eigenen Sicherheitsbedürfnisses und deres unserer Kompliz*innen. Wer wann und wo ein- und ausgeht kann das PWH bzw. die dort aktive Türstruktur dem Verfassungsschutz überlassen, wenn es nicht zum direkten Handlanger des verhassten Systems werden will. Wir kritisieren dieses Vorgehen für ein sich linksalternativ nennendes Projekt scharf und wünschen uns eine emanzipatorische Lösung. Andere Projekte bekommen ihre ellenlange Hausverbotsliste auch ohne Personalienkontrolle umgesetzt.
                         
Das Peter-Weiss-Haus im Herzen der Rostocker KTV zeigt sich uns mehr und mehr als Mitspieler der Gentrifizierung als Konsequenz des immer agressiver wirkenden Kapitalismus. Es lässt sich an seinem Beispiel ein Strukturwandel im Projekt selbst, wie auch außerhalb erkennen, welches als Zielgruppe vorwiegend wohlhabendere Menschen mit Zugang zu Geld und Eigentum anzieht, ebenso wie es durch steigende Mieten und Yuppieschuppen in der ganzen KTV und Stadtmitte ausgedrückt wird. Linksalternative Räume tragen leider oftmals zur „Aufwertung“ von Stadtteilen im Sinne der kapitalistischen Verwertung bei und tragen daher eine explizite Verantwortung dieser Systematik aktiv etwas entgegenzusetzen und eben nicht der Verwertungslogik zu verfallen und kapitalistische Ausbeutung und Ausgrenzung zu befördern, wie es das PWH aktuell betreibt. Uns ist bewusst, dass sich das Peter-Weiss-Haus mit seinem Konzept der staatlichen Förderungen auf einem schmalen Grad zwischen emanzipatorischen Ideen, politischen Engagement und dem stetig steigenden Druck durch eben Gentrifizierung, rechter Propaganda, kapitalistischer Zwänge und dem immanenten Ausbau eines Polizei-und Überwachungsstaates bewegt und die Gefahr einst libertäre Ansätze zermürben zu lassen, ihm somit immanent ist. 
 
Diese Entwicklung zeigt sich aber auch an anderen Beispielen bundesweit. So wurden nach dem G20 in Hamburg schnell die Stimmen aus der Szene laut, welche sich aktiv mit dem mitlitanten Protest während des Gipfels entsolidarisierten und sich in sonst gewohnter Pressemanier von diesem distanzierten. Wie auch in einem Artikel französischer Kompliz*innen zu lesen ist, wird dies auch in anderen Kontexten an der hiesigen „Szene“ scharf kritisiert. Neben dem Entsolidarisieren mit eher militanteren Gruppen, was am Ende auch den Verlust von Kompliz*innen bedeutet, kann Mensch zunehmend ein Anbiedern an die kleinbürgerlichen Werte und Bündnisse entdecken. Diese Entwicklung ist höchst gefährlich. Unserer Meinung nach wird damit die Legitimität militanter Aktionsweisen oft untergraben und sich gleichzeitig mit dem -meist parteipolitisch geprägtem Aktionismus- begnügt. Auch dies zeigt in gewisser Weise einen Auswuchs der -oftmals als einzige Möglichkeit gesehenen- sich im legalen Spektrum bewegendenden angeblichen Freiraumpolitik. Legen wir unsere radikalen politischen Positionen in unseren eigenen Räumen ab, und fangen wir an immer mehr vermeintliche Kompromisslösungen anzuwenden, finden wir uns schnell in kapitalistischer Verwertungslogik, Spießbürgertum und Entsolidarisierung mit unseren Komplitz*innen wieder. Wir wollen damit nicht sagen, dass legitime und konstruktive Kritik an jeder Form von Aktivismus nicht wichtig und richtig ist. Das einseitige Aufschreien bei Sachbeschädigungen und die oft ausbleibende Kritik an -schon fast- konservativ bürgerlich wirkendem Protest, ist für uns allerdings eher ein Ausdruck der allgemeinen Verbürgerlichung. Anstelle einer Anpassung und dem Einknicken davor, braucht es solidarisch vernetzte Strukturen, um eine klare Antwort auf die politische und gesamtgesellschaftliche Entwicklung geben zu können und damit der Verunsicherung entschlossen entgegenzutreten. Lassen wir unsere Visionen einer besseren Welt für alle nicht an der Anpassung an die Gesamtscheisze scheitern! Uns interessiert nicht, was staatliche Institutionen von uns halten oder ob sie schlecht von uns sprechen, uns interessiert auch nicht, was eine faschistoide Partei will oder über uns verbreitet. Wir wollen auch kein Geld von jenen Strukturen, die wir ablehnen und abschaffen wollen. Uns interessieren solidarische Strukturen, die diesem Wahnsinn eine emanzipatorische Antwort entgegensetzen, anstatt ihn zu reproduzieren.
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